Kleiner Aquarellkurs (Teil 2)
Die Farben kennenlernen
Beim letzten Mal habe ich euch die Farben, Pinsel und Papiere vorgestellt, die ich gern verwende und euch empfehlen kann. Heute geht es darum, unser Material auszuprobieren und kennenzulernen – ganz einfach und total entspannt. Dafür habe ich drei Übungen für euch zusammengestellt.
1) Alle meine Farben…
Um mir einen Überblick über alle Farbtöne zu verschaffen, die ich zur Verfügung habe, lege ich gern Farbkarten an.
Bei den Aquarellkästen von Prima ist das besonders einfach, weil jedem von ihnen eine Karte beigelegt ist, auf denen ich einen kleinen Farbklecks in ein entsprechend beschriftetes Kästchen malen kann. So sehe ich, wie die Farbe auf dem Papier aussieht (was sich manchmal ziemlich vom Farbeindruck im Näpfchen unterscheiden kann).
Um eine eigene Farbkarte anzulegen, zeichne ich einfach genauso viele Kästchen auf ein Stück Aquarellpapier wie mein Aquarellkasten Näpfchen hat. Diese Kästchen male ich dann mit jeweils einer Farbe aus. Ich habe versucht, möglichst einen Farbverlauf von hell zu dunkel innerhalb einer Farbe hinzubekommen – also in einer Ecke etwas mehr Wasser genommen.
Die fertige Farbkarte lege ich entweder dem Aquarellkasten bei oder hänge sie mir an meine Pinnwand, sodass ich sie immer griffbereit habe, wenn ich etwas malen möchte.
Das Anlegen einer solchen Farbpalette ist auch eine gute erste Übung, um seine Aquarellfarben kennenzulernen und herauszufinden, wie viel Wasser sie benötigen, wie sie sich anfühlen und auf dem Papier verhalten.
2) Farben mischen: Der Farbkreis
Ich erinnere mich noch gut daran, wie wir im Kunstunterricht Farbkreise malen sollten… und zugegeben, das war nicht gerade meine Lieblingsübung… Für den Einstieg in die Aquarellmalerei ist so ein Farbkreis aber total hilfreich (und es reicht vollkommen, einen einzigen anzulegen und nicht, wie wir damals im Unterricht, ungefähr 100!). Man lernt seine Farben noch einmal besser kennen, weil man sie in verschiedenen Verhältnissen zueinander mischt, und man kann den Farbkreis auch später immer wieder gebrauchen, wenn man wissen möchte, welche Farben auf einem Bild zusammen funktionieren (und welche nicht).
Zuerst zeichnest du einen Kreis auf ein Stück Aquarellpapier (oder in dein Skizzenbuch). Ich habe dafür einen Zirkel verwendet, du kannst aber auch mit Bleistift den Umriss einer Tasse oder einer kleinen Schüssel zeichnen. Dann teilst du den Kreis in 12 ungefähr gleich große “Tortenstücke” auf. Das habe ich frei Schnauze gemacht und das reicht für unsere Zwecke auch vollkommen aus.
Jetzt kommt die Farbe ins Spiel: Wir beginnen mit den Primärfarben Gelb, Rot und Blau. Die malst du in jeweils ein Feld, so wie auf dem Foto, sodass dazwischen vorerst jeweils drei Felder frei bleiben:
Wichtig ist, hierfür wirklich die reinen Primärfarben zu verwenden – also zum Beispiel kein Gelb, das schon in Richtung Orange geht. Sonst bekommst du später beim Mischen der Farbe ein Problem. Bei vielen Aquarellkästen heißen die “echten” Primärfarben zum Beispiel Kadmiumgelb, Magenta/Karminrot und Cyan/Coelinblau oder auch einfach Primär Gelb, Primär Cyan und Primär Magenta.
Wenn du dir unsicher bist, welche Farben in deinem Aquarellfarben die reinen Primärtöne sind, kannst du das auch recht einfach durch Recherche im Internet herausfinden – oder du probierst es einfach durch systematisches Mischen aus.
Als erstes mischen wir jeweils zwei Primärfarben zu gleichen Teilen miteinander – so erhalten wir die Sekundärfarben Grün, Orange und Violett. Diese tragen wir in das mittlere “Tortenstück” zwischen den beiden entsprechenden Primärfarben ein.
Ein Blick auf den Farbkreis verrät uns schon jetzt die Komplementärkontraste: Die Farben, die sich genau gegenüberstehen, sind komplementär zueinander (Rot und Grün, Gelb und Violett, Blau und Orange). Wenn man die Komplementärfarben miteinander mischt, ergibt das Braun (oder Grau, wenn noch Weiß dazu gemischt wird).
Zuletzt mischen wir die Tertiärfarben, also jeweils eine Primärfarbe mit einer Sekundärfarbe – zum Beispiel Gelb mit Orange, Orange mit Rot, Rot mit Violett und so weiter. Auch diese Farben tragen wir in den Farbkreis ein.
Welche Farben funktionieren nun miteinander?
Zunächst einmal unterscheiden wir zwischen warmen und kühlen Farbtönen. Die Farben auf der rechten Farbkreis-Seite (Gelb bis Rot-Violett) gelten als warme Farben, die auf der linken Kreisseite (Gelb-Grün bis Violett) als kühl. Es ist für den Anfang “sicherer”, ein Bild entweder mit warmen oder kühlen Tönen anzulegen (und nicht mit einer Mischung aus beiden Farbtemperaturen).
Um zu verhindern, dass frische (also nasse) Aquarellfarben sich auf dem Bild ungewollt zu einem unschönen Braunton vermischen, solltest du vorerst nur Farben miteinander kombinieren, die im Farbkreis nebeneinander stehen (und zusätzlich zur selben Farbtemperatur gehören) – wie Rot und Rot-Orange oder Blau-Grün mit Grün.
Diese Regel gilt hauptsächlich dann, wenn du nass in nass arbeitest und die Farben ineinander laufen. Wenn du eine Farbschicht erst trocknen lässt, bevor du die nächste Farbe ergänzt, bist du freier in deiner Wahl und kannst auch eine Farbe mit anderer “Temperatur” oder sogar die Komplementärfarbe verwenden.
Komplementärfarben intensivieren einander und lassen ein Bild besonders harmonisch wirken, wenn du den Kontrast bewusst einsetzt. Ich habe es so gelernt, dass ein Bild dann gelingt, wenn du kleine Akzente mit der Komplementärfarbe setzt – also zum Beispiel ein paar Highlights in Orange in einem Bild aus vielen Blautönen. Das ist aber auf jeden Fall etwas, das man einfach ausprobieren muss und mit der Zeit lernt. All diese “Regeln” sind Hilfen für den Anfang – was man aber daraus macht, ist einem selbst überlassen, und es kann gerade reizvoll sein, die Regeln hier und da zu brechen 😉
3) Hell und Dunkel
Anders als beim Malen mit Acrylfarben haben wir in der Aquarellmalerei (normalerweise) kein Weiß zur Verfügung, mit dem wir unsere Farben aufhellen oder weiße Akzente setzen können.
Wenn du eine weiße Fläche (oder auch nur kleine weiße Punkte) in deinem Bild haben möchtest, musst du diese von vorne herein frei lassen – denn nachträglich lässt sie sich kaum noch einfügen. Um deine Illustration besonders lebendig und interessant wirken zu lassen, ist es gut, solche (wenn auch nur kleinen) Weißflächen einzuplanen.
Um eine Farbe aufzuhellen, verdünnst du sie einfach mit so viel Wasser, bis sie den von dir gewünschten Helligkeitsgrad erreicht hat. Bei der Aquarellmalerei ist es schwierig, dunkle Flächen nachträglich aufzuhellen – deshalb arbeitet man grundsätzlich von hell nach dunkel, und trägt lieber mehrere helle Schichten übereinander auf.
Wenn du einen Farbton abdunkeln möchtest, kannst du ihn mit etwas Grau oder Schwarz mischen. Dafür ist normalerweise nur ein geringer Anteil von Grau oder Schwarz nötig – beginne mit wenig und arbeite dich bis zu dem Farbton vor, den du erreichen möchtest.
Im Englischen werden die einzelnen Farbabstufungen hue, tint, tone und shade genannt – weil ich dafür nirgendwo eine passende deutsche Entsprechung gefunden habe, belassen wir es bei den englischen Bezeichnungen:
Hue: der reine Farbton
Tint: Hue + Weiß
Tone: Hue + Grau
Shade: Hue + Schwarz
Um einen Eindruck davon zu bekommen, wie eine Farbe auf dem Papier wirkt, wenn du sie mit Wasser aufhellst oder mit Grau/Schwarz abdunkelst, probier es doch einfach mal mit ein paar Farbtönen aus: Ich habe mir dafür einfach fünf Kästchen nebeneinander in mein Skizzenbuch gezeichnet und diese mit fünf verschiedenen Schattierungen von Rot (und dann auch von Blau) gefüllt.
Nächste Woche geht es weiter mit unserem kleinen Kurs – wir lernen die beiden grundlegenden Techniken der Aquarellmalerei kennen, anhand von zwei richtig schönen Projekten! Ich hoffe, ihr seid dabei und habt so viel Spaß wie ich!
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PS: Natürlich interessiert es mich brennend, eure Ergebnisse zu sehen! Teilt sie einfach unter dem Hashtag #rebekkaskleineraquarellkurs auf Instagram oder Facebook – ich bin gespannt!
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