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Ja zu neuen Abenteuern {2}: Sauerteig

Schon lange träumte ich von meinem eigenen, ofenfrischen Sauerteigbrot – selbst geknetet und geformt aus nichts als Wasser, Mehl und Salz, wahre, substanzielle Nahrung für meine Familie und mich, natürlich und gesund und traditionell… Ich habe es immer bewundert, wenn andere ein Brot nach dem anderen buken, wunderschön knusprige Leibe mit schicken, eingeritzten Mustern oder sogar bunt bemalt… Aber für mich schien das nichts zu sein, denn irgendwie wirkte das Prozedere sehr kompliziert, wenn nicht gar geheimnisvoll, und außerdem sehr langwierig – eine Wissenschaft für sich. Also schlich ich um das Thema herum, wagte mich aber doch nicht daran.

Dann waren wir an einem Sonntagnachmittag bei Freunden zu Besuch, und der Mann meiner Freundin schwärmte von seinem tollen Roggensauerteig und wie wunderbar es doch sei, selbst Brot und Brötchen zu backen – und dann bot er mir an, mir etwas von seinem Roggen-Starter mitzugeben. Da war sie also, die Gelegenheit, die ich nur zu ergreifen brauchte, und so kam der Sauerteig mit zu uns nach Hause.

Die hellbraune Masse blubberte verheißungsvoll in ihrem Marmeladenglas vor sich hin – und ich fühlte mich überfordert. Fast so, wie damals, als wir mit unserer neugeborenen Tochter aus dem Krankenhaus entlassen wurden und plötzlich auf uns allein gestellt waren: Was sollten wir nun mit ihr anfangen?

Der Mann meiner Freundin hatte mir zwar erklärt, wie ich den Starter “füttern” sollte und dass es wichtig war, immer ganz sauber zu arbeiten, und wie ich ihn “einfach” mit Wasser, Mehl und Salz verrühren und dann backen sollte, aber das alles war viel zu unkonkret und schien auch viel zu simpel (ich erinnerte mich an Berichte von stundenlangem Gehenlassen und mitten in der Nacht den Teig falten und so weiter) – also fragte ich einen anderen Freund um Rat und durchforstete parallel das Internet.

Das hätte ich mal lieber nicht tun sollen! Völlige Verwirrung! Was war nun der Unterschied zwischen Anstellgut, Starter und Sauerteig? War das nicht alles irgendwie dasselbe? Ging es wirklich nicht ohne die Anschaffung eines Gärkorbs, eines Pizzasteins und eines gusseisernen Topfes mit Deckel (und eine Küchenmaschine besitze ich auch nicht!)? Wie funktionierte das mit dem Dehnen und Falten, wie kriege ich das zeitlich alles hin, wie pflege ich das Anstellgut, warum erzählt mir hier jede:r was anderes?!

Ich weiß: Es ist nur Sauerteig! Auch wenn die darin enthaltenen Kulturen lebendig sind, geht es doch nicht um Leben und Tod, und selbst wenn das erste Brot nicht gleich super schmeckt, geht davon die Welt nicht unter. Und doch stresste mich die ganze Sache ungemein. Auch wenn die Menschheit seit tausenden von Jahren Brot backt (und diesen Prozess ohne mannigfaltige Anleitungen und Tipps aus dem Internet perfektioniert hat), für mich war es eben doch das erste Mal und ich wollte es nicht versauen. Ich wollte wissen, was ich tat, ohne gleich eine Wissenschaft daraus zu machen. Ich wollte doch einfach nur ein stinknormales Sauerteigbrot backen!

Letztlich tat ich das dann auch, und während ich es tat, war es gar nicht mal so schwer.

Der erste Schritt bestand darin, mir eine Anleitung aus dem großen, weiten Netz zu fischen, und diese allein zu befolgen. Ich hörte auf, nach weiteren Rezepten und Tipps zu suchen, und hielt mich nur noch an die eine. Und auch wenn ich nicht alles verstand und mich immer noch dann und wann die Panik überkam – die Verwirrung hielt sich nun in Grenzen.

Als nächstes beschloss ich, weniger über das alles nachzudenken und einfach loszulegen. Ich nahm mir die Anleitung vor und befolgte den ersten Schritt so genau wie möglich. Da merkte ich, dass ich es ja doch konnte und dass es so kompliziert gar nicht war. Auf den ersten Schritt folgte der zweite, und auch hier funktionierte die Umsetzung ohne Probleme. So arbeitete ich mich Punkt für Punkt vor, bis mein erstes Sauerteigbrot fertig war. Es ist wirklich so: Im Machen werden die Dinge klarer.

Und meine dritte Erkenntnis war diese: Es ist gut und sogar wirklich toll, eigenes Brot mit Sauerteig zu backen. Aber es ist okay, sich nicht bis ins letzte Detail damit zu beschäftigen. Es ist auch okay, ein Sauerteigbrot zu backen und es danach für alle Zeit sein zu lassen.

Inzwischen habe ich zwei Sauerteigbrote gebacken. Und auch wenn es schön ist, etwas so Essentielles mit den eigenen Händen selbst zu schaffen, im eigenen Ofen frisch zu backen – im Moment ist es nichts für mich im Sinne eines neuen Hobbys oder gar einer täglichen Routine. Der Prozess stresst mich. Spontan ist was anderes; ich habe das Gefühl, meinen gesamten Tagesablauf auf das Brot ausrichten zu müssen. Außerdem fehlt es mir an Equipment. Sicher, es geht auch ohne Küchenmaschine etc, aber Brotteig klebt ganz furchtbar an den Händen, sodass sich das Kneten nicht gerade als meditativ herausgestellt hat (es macht mich, im Gegenteil, irgendwie aggressiv), und auch sonst wäre es sicher einfacher und bequemer mit entsprechendem Zubehör, das ich mir aber aus verschiedenen Gründen nicht anschaffen möchte.

Und dann habe ich gemerkt, dass mich das Brotbacken unter Druck setzt. Vielleicht, weil es so etwas Substanzielles ist – wenn das Brot nichts wird, waren schließlich fast 24 Stunden Arbeit umsonst und wir haben eben doch keine ofenfrische Basis für Butter, Käse und Co.

Aber wahrscheinlich kommt der Druck vielmehr daher, dass ich für mich das Brotbacken (noch dazu mit eigenem Sauerteig!) verklärt habe als das ultimative Stay-at-Home-Mom-Ding: Wenn ich schon sonst “nichts” mache (=keiner Erwerbsarbeit nachgehe), dann sollte ich wenigstens voller Herzblut Homemaking betreiben mit allem, was dazu gehört. Und wenn ich schon keinen Garten habe, um unser eigenes Gemüse anzubauen (und auch den Balkon nicht dazu nutze), wenn ich schon keine Kleidung selber nähe oder stricke, wenn ich nicht mal täglich mit meinen Kindern bastele und backe und Playdates bespaße, dann sollte ich doch wenigstens mein eigenes Brot backen!

Leider scheint auch das nicht so richtig mein Ding zu sein – zumindest gehe ich darin nicht so vollblütig auf, wie ich es mir vorgestellt hatte… und das stresst mich. Das passt mal wieder nicht zusammen mit meiner Sicht von mir selbst, beziehungsweise mit den Erwartungen, die ich an mich selber stelle.

 

Meine beiden ersten Sauerteigbrote waren lecker, und wenn sie auch sicherlich nicht perfekt waren, so fand ich sie für den Anfang schon ziemlich gut gelungen. Das Anstellgut steht im Kühlschrank bereit und wird wöchentlich aufgefrischt, sodass ich jederzeit wieder frisches Brot backen kann.

Um herauszufinden, welchen Unterschied ein gusseiserner Topf mit Deckel macht, werde ich mir einen von einer Freundin leihen. Vielleicht lohnt sich die Anschaffung ja doch; wenn ich auch weiterhin der Meinung bin, dass ich keine große Wissenschaft daraus machen und einfach nur ab und zu ein gutes Brot für meine Familie backen will.

Insgesamt bin ich nun wieder um eine Erfahrung reicher und habe einiges gelernt – über Sauerteig und vor allem über mich selbst 🙂 Es ist okay, Dinge auszuprobieren und dabei an der Oberfläche zu bleiben. Ich muss nicht ein Profi in allem werden. Manchmal reicht wirklich aus, eine gute Anleitung Schritt für Schritt zu befolgen, und es dabei zu belassen, ohne tiefes Hintergrundwissen und stundenlange Recherche.

Und: Ich mache meinen Wert nicht von meinen Fähigkeiten und Skills abhängig. Ob ich selbst Gemüse anbaue, Brot backe oder Socken stricke – das macht mich nicht zu einer “besseren” Mutter, nicht zu einem besseren Menschen. Höchstens vielleicht, dass ich es versucht habe und bereit bin, dazu zu lernen 😉

Nun kann ich wieder einen Punkt von meiner Bucket-List streichen – beziehungsweise auf meine “Schon-erlebt-Liste” verschieben. In den nächsten Monaten möchte ich gern noch weitere Vorhaben angehen, und an einer Sache bin ich schon konkret dran 🙂 Meine Bucket-List findest du hier; mein Ziel ist, sie immer auf dem neusten Stand zu halten.

Bis zum Wiederlesen mach es gut und wag mal etwas Neues 🙂

deine Rebekka

 

 

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2 Kommentare

  • Friederike

    Amen.

    🙂

    Ich hab hier das große Glück, dass mein Mann vor wenigen Jahren auf den Trichter gekommen ist und uns regelmäßig mit tollem Sauerteigbrot versorgt. (Er ist da durchaus wissenschaftlich bei der Sache, was ebenfalls nicht mein Ding wäre.) So komme ich gar nicht in Versuchung, das machen zu wollen/müssen.

    Ich wünsche dir diese Woche noch ganz viel Gelassenheit mit allem, was nicht ist!

    • rebekkasloveletter

      Liebe Friederike, da hast du wirklich Glück! Mein Mann hat ein paar Mal Bier gebraut, aber da ich selbst kein Bier trinke, war das nicht so ein Gewinn – vielleicht mag er sich ja aufs Sauerteigbrot verlegen 😉 Ganz liebe Grüße und bis bald, ich freue mich, dass du da bist!

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