Familie,  Gedanken,  Glaube

Von Fülle und Angst

Manchmal macht es mir fast Angst, wie gut es uns geht. Wie gut wir bisher durch diese Krise gekommen sind. Diese Pandemie, die Menschenleben fordert und Existenzen zerstört, die Kinderseelen schindet und Depressionen schürt, die unsere Demokratie vor die Zerreißprobe stellt und Freundschaften beendet – die Spuren, die sie bei uns hinterlassen hat, sind vergleichsweise harmlos.

Ja, wie gesegnet und behütet ich bin!

Und das völlig unverdient.

Ich habe in meinem Leben noch keinen schweren Verlust ertragen müssen, noch keine schlimme Diagnose bekommen, noch nie einen Krieg erlebt oder mein Zuhause verloren. Ich komme aus einer sogenannten “heilen” Familie und darf meine Kinder in einer solchen aufwachsen sehen. Mit meinem Mann habe ich das große Los gezogen und wir sind seit fast 14 Jahren sehr glücklich verheiratet. Nach vier Jahren des Kinderwunsches trage ich unser drittes Kind unter dem Herzen, unseren Sohn, und bisher gibt es keinen Anlass zu irgendeiner Sorge ihn betreffend. Und auch wenn Home Schooling, Lockdown und Wechselunterricht natürlich an den Kräften zerren – irgendwie “funktioniert” es, wir kommen klar. Wundersamerweise.

Und wenn ich dann auf dieses glückliche Leben schaue, das (im Vergleich!) nur Wehwehchen kennt, wenn ich darüber nachdenke, wie verdammt gut es uns geht, dann kriecht manchmal die Angst in mir hoch.

Ist das nicht alles viel zu gut, viel zu einfach?

Muss da nicht bald das böse Erwachen kommen, die große Katastrophe, die tödliche Diagnose?

So viele Menschen leiden – warum da nicht auch ich?

Mir ist durchaus bewusst, dass ich das Glück nicht gepachtet habe, und auch gar keinen Anspruch darauf. Ich habe kein Recht auf Gesundheit, Liebe, Sicherheit. Ich bin kein Stück “besser” als all diejenigen, denen es schlechter geht als mir. Ich habe mir das alles nicht verdient, und das allermeiste auch nicht erarbeitet.

Es ist geschenktes Glück, unverdient und “einfach so” da!

Manchmal singen wir in der Gemeinde “Egal, was du mir gibst; egal, was du mir nimmst, du bist und bleibst mein Gott. Nur dir gehört mein Lob.” Und ich denke dann: Kann ich, darf ich das eigentlich singen – wenn Gott mir bisher immer nur gegeben und noch nie etwas von mir genommen hat? Woher weiß ich, dass ich Gott auch dann noch loben werde, wenn das Leid zuschlägt? Bin ich eine Sonnenschein-Christin? Werde ich am Leid zerbrechen, wenn es irgendwann doch zuschlägt?

Ich denke nicht oft darüber nach, aber in meine glücklichsten Momente mischt sich immer wieder ein Tropfen dieser Angst: Wie lange wird das noch so gut gehen? Wann wird es vorbei sein mit Gesundheit, Unversehrtheit, Sicherheit, Liebe? Werde ich das ertragen können?

Vor ein paar Tagen bin ich auf Instagram auf dieses Zitat gestoßen, auf den Wunsch einer Frau an ihre Freundin, die ähnliche Gedanken bewegte wie mich:

May His abundance never scare you.

Möge der Überfluss, den Er dir schenkt, dir niemals Angst machen.

Dieser Satz hat mich getroffen, durch und durch.

So ein kluger Wunsch!

Denn ich glaube ja nicht, dass Gott ein Sadist ist, dass er nur darauf wartet, mir eins reinzuwürgen. Im Gegenteil: Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass er es gut mit mir meint und mich bedingungslos, unendlich liebt. Und: Dass seine Wege mit uns unergründlich sind. Dass er immer wieder auch Dinge zulässt, die wir nicht verstehen, denen wir keinen Sinn zuordnen können. Er behütet uns – verhindert es aber nicht immer, dass wir fallen. Er lässt seine Kinder durch tiefe Täler gehen, und hält uns dabei an seiner liebenden Vaterhand.

Die Fülle, die Gott mir schenkt, ist kein Ablenkungsmanöver, kein mich in Sicherheit wiegen, um mich danach nur noch härter zu treffen.

Ich darf sie genießen, ganz und gar. Darf dankbar annehmen, was er mir gibt. “Mein Becher fließt über”, so heißt es in Psalm 23, und diese Erfahrung gehört zu einem Leben mit Gott dazu! Er liebt es, uns zu beschenken, uns zu überschütten mit seinem Segen und seinen guten Gaben.

Ich halte Herz und Hand auf und lasse mich lieben.

In der wahren Liebe hat Angst keinen Platz.

Ich halte Hand und Herz auf und lasse den Segen fließen, über mich und mein kleines Leben hinaus.

Er ist nicht nur für mich bestimmt.

Die Fülle, die er mir gibt – sie reicht auch noch für andere.

Ich weiß wirklich nicht, wie ich damit umgehen werde, wenn das Leid zuschlägt. Wenn ich liebe Menschen verliere, unheilbar erkranke oder durch andere Schwierigkeiten durch muss, die ich mir jetzt noch nicht einmal vorstellen kann. Ob ich es schaffe, Gott auch dann noch zu danken und zu loben? Ob mein Glaubenshaus ein solches Erdbeben überstehen würde? Ich habe keine Ahnung.

Aber das muss ich jetzt auch noch nicht wissen.

Jetzt ist eine andere Zeit.

Eine Zeit zum Danken und Genießen und Weitergeben.

Eine Zeit, in der ich mir immer wieder bewusst machen möchte, von wem das alles kommt und von wem mein Leben abhängt.

Vielleicht kann ich, wenn die schweren Tage kommen, davon zehren.

Wenn Du gerade diesen überbordenden Überfluss an Glück erlebst: Ich wünsche dir, dass du dich daran freuen kannst ohne Angst, ohne schlechtes Gewissen. Dass du den Segen aus Gottes Hand annimmst als sein Geschenk der Liebe, und ihn weiterfließen lässt an die Menschen um dich herum.

Und wenn Du es gerade schwer hast, wenn du leidest und durch dunkle Täler gehst: Du bist nicht allein. Unser Vater ist bei dir. Er sieht dich, er hält dich, er weint mit dir. Seine Gedanken über dich sind gut. Das Ziel, an das Er dich bringen wird, ist lauter Friede.

Sei gesegnet auf deinem Weg!

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