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Holder Knabe in Käseschmiere

Ich liebe Weihnachten. Immer schon: den geschmückten Baum im Zimmer, das Kerzenlicht, das besondere Gebäck (Lebkuchen und Dominosteine sind meine Favoriten), die Lieder, die Basteleien, die Vorfreude auf Geschenke und leuchtende Kinderaugen, den Gottesdienst an Heiligabend… ich liebe alles daran.

Nur mit den traditionellen Krippen-Darstellungen von Maria, Josef und dem Jesuskind habe ich zunehmend meine Probleme. Spätestens seit ich selbst Mutter bin und weiß, wie so eine Geburt abläuft, empfinde ich da eine gewisse… Diskrepanz zu den lieblich-süßen Abbildungen der Gottesgeburt.

Ganz abgesehen von dem blond-gelockten Jesuskind (hallo white supremacy, Rassismus und Antisemitismus…) und den überhaupt sehr weißen, mitteleuropäisch angehauchten Krippenfiguren – so wird sich das Ganze damals sicher nicht abgespielt haben!

Auf allen Darstellungen, die ich in meinem Leben gesehen habe, sieht alles so friedlich, hygienisch-sauber und reinlich aus. Maria ist perfekt gestylt mit einem seligen Lächeln auf den Lippen, das neugeborene Jesuskind sieht aus, als wäre es schon mehrere Monate alt und schläft natürlich (von Anfang an nachts durch!), Josef hat auch nichts anderes zu tun, als hinter Maria zu stehen und seinen kleinen Ziehsohn zu bewundern…

Da habe ich meine drei Geburten echt anders in Erinnerung (und die fanden im doch recht sterilen Krankenhaus statt)! Ich denke an Schweiß und Blut, Tränen, Geschrei, Todesangst, das Gefühl, einmal in der Mitte durchgerissen zu werden, an grünes Fruchtwasser, Käseschmiere, Plazenta und nochmal Geschrei – aber diesmal das des Babys.

All das habe ich noch nie in einem Weihnachtsfilm gesehen – auch nicht in einem Bilderbuch oder in einer Krippe aus Holz. Und es gibt auch kein Weihnachtslied über das käseschmierige, rotäugige, wie am Spieß schreiende Jesuskind und eine vor Erschöpfung und Schmerz weinende Maria.

Schade eigentlich.

Klar, könnte ich jetzt sagen: Sowas will doch keiner sehen. So eine Geburt ist ja auch eine sehr private Angelegenheit und es geht uns vielleicht gar nichts an, was Maria unter der Geburt so alles mit Josef geschimpft hat. Und es war ja schließlich nicht irgendeine Geburt: Es war die Gottesgeburt, und da ist es möglicherweise sogar Blasphemie, diese in einem Atemzug mit einem Dammriss zu erwähnen…

Und selbst wenn es keine Blasphemie ist, so mögen wir eben lieber die süßlich-verklärten Bilder – schließlich ist Weihnachten und da soll alles friedlich, schön und selig sein (wie in den Weihnachtsliedern).

Je mehr ich so darüber nachdenke, desto schwieriger und problematischer finde ich aber diese von jeder Realität entrückten Weihnachtsdarstellungen (und dass es ausschließlich diese zu geben scheint).

Sie sind problematisch, weil sie verschleiern und verzerren, was damals wirklich passiert ist:

Gott wurde Mensch.

Er wurde GANZ Mensch. Er wurde wirklich einer von uns. Herangewachsen in der Gebärmutter einer jungen Frau, verbunden mit ihr durch die Nabelschnur, versorgt von ihrer Plazenta. Und als die 40 Wochen der Schwangerschaft (plus minus) um waren, da bekam Maria Wehen. Es war ihre erste Geburt, ihr erstes Kind, sie war jung und ein Krankenhaus und die Option auf einen Kaiserschnitt gab es noch nicht. Sie wird sicherlich gewisse Sorgen und Ängste gehabt haben – vor allem, weil sie fern von ihrem Zuhause entbinden musste, in einer fremden Umgebung.

Natürlich wissen wir nicht, wie genau Jesus Geburt ablief – und wir brauchen da auch keine schmutzigen Details. Aber dass Blut, Fruchtwasser und eine Nachgeburt mit im Spiel waren, können wir sicher sagen. Es war eine ganz normale menschliche Geburt, und dementsprechend werden Mutter und Kind in den ersten Stunden auch ausgesehen haben.

Ich habe neulich mit meinem Sohn darüber gesprochen, wie eine Geburt abläuft, und es hat mich sehr zum Nachdenken angeregt, dass er plötzlich sagte: „Aber bei Jesus war das doch nicht so, bei ihm ging das doch bestimmt viel leichter und ohne das ganze eklige Zeug.“

Ich musste zuerst schmunzeln, aber dann antworte ich ihm: „Nein, bei Jesus war es ganz genauso wie bei deiner Geburt oder bei der deiner Geschwister. Er hat es sich nicht leichter gemacht, hat keine Abkürzung genommen. Er wurde wirklich ganz wie einer von uns.“

Und das ist wichtig! Damit wir das verstehen, was da wirklich passiert ist, was Jesus da für uns getan hat!

Die traditionellen Darstellungen der ersten Weihnacht legen den Fokus auf etwas anderes (zumindest erkläre ich mir das so): Ihnen ist wichtig, die Göttlichkeit des Jesuskindes darzustellen. Ja, Jesus ist GANZ Gott. Das Kind in der Krippe ist kein normales Baby, er ist der Retter der Welt – und gleichzeitig ist er es eben doch: Ein ganz normales Baby.

Er kommt zu uns, in all seiner Göttlichkeit, und wird ein Mensch wie wir.

Er nimmt keine Abkürzung vom Himmel direkt in die Krippe, wird durch den Geburtskanal gepresst so wie die meisten von uns.

Er wird nicht vom Storch gebracht (oder alternativ von einem Erzengel): Er wächst im Körper einer Frau heran (nimm das, Patriarchat!), nimmt sich die Zeit, heranzuwachsen und zu reifen.

Er ist von Käseschmiere bedeckt, hat vielleicht einen etwas eingedellten Kopf oder geschwollene Augen wie ein kleiner Boxer.

Er hat Hunger, macht in die Stoffwindeln und schreit, wenn er sich unwohl fühlt.

Seine Mutter ist nach der Geburt mindestens genauso erschöpft wie glücklich. Sie macht sich Sorgen, ob die Milch wohl reichen wird, das Anlegen tut in der ersten Zeit noch weh.

Sie schaut sich im Stall um und sieht das ganze Chaos. Was werden die Besucher denken?

Sie ist verschwitzt und will einfach nur duschen, die Nachwehen sind fast so schlimm wie die Geburt an sich und das Baby lässt sie nicht richtig schlafen.

Auch das ist Weihnachten!

Wir lesen und hören immer wieder, dass Jesus zu uns kommt, genauso wie wir sind, dass er in unsere unperfekte, kaputte, traurige Realität kommt, und dass gerade das die Bedeutung von Weihnachten ist.

Aber so richtig begreifen wir es ja doch nicht (also ich zumindest nicht!). Rackern uns ab, damit ja alles perfekt ist, ärgern uns über den fetten Pickel auf der Stirn pünktlich zu Heiligabend, hetzen von Laden zu Laden, singen Lieder vom „holden Knaben im lockigen Haar“ und lesen mit den Kindern ein unrealistisch-verklärtes Bilderbuch nach dem anderen… um uns dann schlecht zu fühlen, dass es in unserem adventlichen Zuhause nicht so heilig und friedlich zugeht wie damals, in dieser Nacht im Stall.

Und ich glaube, mir würde es da helfen, auch mal eine erschöpfte Maria mit zerzausten Haaren und roten Wangen zu sehen, die ein brüllendes, verschmiertes Baby in den Armen hält; einen chaotischen Stall mit blutigen Tüchern, überall herumliegenden Klamotten und anderem Kram, einen gestressten Josef, der völlig überfordert ist mit diesem winzigen Neugeborenen…

Dieses erste Weihnachten damals in der Krippe war wahrscheinlich gar nicht mal so anders als ein erstes Weihnachten mit Neugeborenem heute ist – zumindest emotional und körperlich.

Maria und Josef hatten keinen Weihnachtsbaum und sie haben auch nicht jeden Tag irgendwas gebastelt, gebacken oder gesungen. Es gab kein aufwändiges Weihnachtsessen und keine Geschenke (die kamen erst später). Es war nicht alles perfekt, im Gegenteil. Sie hatten Stress! Sie waren unterwegs, sie wussten nicht weiter, und dann kam auch noch das Baby…

Das war das erste Weihnachten.

Gott kommt wirklich zu uns, mitten ins Chaos, mitten in Tränen, Geschrei und Körperflüssigkeiten.

Er wird wirklich einer von uns, ein kleiner Mensch mit Nabelschnurrest, Fontanelle und Kindspech.

Er, der ganz Gott ist, wird ganz Mensch, um uns zu erlösen.

Das ist ein Wunder, ein Geheimnis, ein Geschenk.

Ja, die Nacht der Gottesgeburt ist keine Nacht wie jede andere; sie enthält Engel, Sterne und kostbare Geschenke – aber eben auch eine erschöpfte Erstgebärende, ein brüllendes Neugeborenes und einen überforderten Ziehvater. Alles irgendwie auch ganz normal… damit können und dürfen wir uns identifizieren.

So eine Weihnachtsgeschichte wünsche ich mir, so ein Bilderbuch, das die Geschehnisse von damals so zeigt, wie sie wahrscheinlich wirklich gewesen sind: Eine Krippe mit orientalischen Menschen, leicht blutverschmierten Tüchern und einer kleinen Familie, die zwischen überglücklicher Verzückung und an Folter grenzendem Schlafmangel ihre ersten Tage zu dritt verbringt.

Falls du so ein Buch kennst, schreib mir das gern unten in den Kommentaren – ansonsten, liebe Verlage: Das wäre doch mal eine Idee!

Und jetzt wünsche ich dir gesegnete Weihnachten!

Mitten im Geschrei, im Chaos und im Schweißausbruch: Jesus ist da. Er weiß, wie es ist. Er versteht dich. Er kommt zu dir, dafür hat er alles gegeben, und will dir Frieden schenken.

Merry christmas!

Deine Rebekka

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Ein Kommentar

  • Angela Brüchner

    Ich mag das Lied “Stille Nacht” nicht.
    Du könntest doch einfach mal so ein Buch zeichnen und schreiben und dann einem Verlag einreichen. Kann natürlich sein dass sie keinen Markt dafür sehen.
    Dein Bild von Maria mit Baby Jesus ist toll.

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